Der Mann und Seine Frau

 

E r z ä h l u n g   v o n   O r h a n K e m a l

(Aus dem Türkischen übertragen von Adalet Cimcoz)

 

Der Vater stand vor der Eismachine.Er füllte den Kessel mit kleinen Eisstückchen und streute Salz darauf.Seine Frau  saβ daneben, in einem Sonnenstreifen.Sie hatte ihm sechs

Mädchen geboren.Sie flickte das Hemd  ihres siebenten Kindes,das ein Bub war.

Sie schien nachzudenken.Der Fater schaute die Frau an und sagte:"Weib,an was denkst du? Denkst du, daβ du die Mutter eines Artzes sein wirst, he?"Die Frau lachte:"Du   bist derjenige, der so  was denkt , nicht  ich.. Du kannst es  fast nicht mehr erwarten....",sagte

sie.

"Das ist wahr .Ich kann es kaum erwarten . . . Ein groβes Haus besitzen und einen feinen,

neuen Anzug haben . . . Keine  Kleinigkeit,der Vater eines Artzes zu sein . . .Vielleicht:in

einem schönen Kaffeehaus sitzen und Wasserpfeife rauchen . . ."

Die Frau legte ihre Flicken auf die Knie und rieb sich die Augen :Ich träume oft davon....

Weiβt du ,in einem Haus auf der Hauptstraβe, aber in dem gröβten  . . . Und dan vor der Tür das Schild vom Buben . . .Ich sag’ dir was,Mann,ich werde das Schild jeden Tag mit Seifenwasser waschen . . .Und wenn er sich verheiratet,werde ich zu seiner Frau-Gott soll

mich behüten -nicht wie eine Swiegermutter sein . . . Und die Enkelkinder werde ich  ans Herz drücken . . ."

"Ich auch" ,sagte der Mann."Ich werde die Knirpse jeden Tag in den Park führen .Kinder sind wie Blumen.Sie brauchen frische Luft und viele Sonne." "Ich were ihnen die Hausar-

beiten machen ,werde das Geschirr abwaschen , die Wäsche flicken . . . Die Hausarbeiten darf man nicht fremden Leuten lassen,die machen es oberflächlich . . ."

"Sicher werden sie uns ein Zimmer in ihrem groβen Haus geben . . .Und das Essen . . Was werden wir schon essen? Bis dahin sind wir auch viel älter . . ."

"Wir sterben dann in einem bequemen Bett . . .Und nicht auf der Straβe . . ."

"Laβ das . . . Wen der Bub mal so weit ist,möchte ich nur Eines : Ich möchte mich schon frühmorgens in einen Kaffeehaus setzen und Wasserpfeife . . . Die und die Freunde sollen platzen vor Neid . . ."

Du,die werden mit Messer und Gabel essen. Ob  wir da mitkönnen, Alter?"

"An was du auch alles denkst  . . .Wir ziehen uns in unser Zimmer zurück und essen dort ,  wie wir es gewöhnt sind . . ."

"Auch wenn sie Besuch bekommen gehen wir in unser Zimmer . . . schlieβen die Tür und

zeigen uns nicht . . ."

"Aber wir  kochen ihnen den Kaffee und reichen ihn durch die Tür . . ."

"Ja den Kaffee müssen wir ihnen kochen . . ."

Ach was , das ist ja alles nicht wichtig . . . Nur das Eine . . . Nur einmal,in meinem alten Tagen,die Wassepfeife rauchen . . .Im Kaffeehaus vor Freund und Feind . . ."

"Und ?"

"Dann,meinetwegen,kann ich sterben . . ."

Der Mann fing an,mit seinen kräftigen Händen die Eisenmaschine zu drehen.Der Kessel sauste zwischen Salz und kleinen Eisstückchen."

 

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